Die Legende um den wackeren Tell und den perfiden Vogt Gessler ist für die Schweiz, was die Äneassage für Rom ist: ein klassischer Gründungsmythos, in dem sich Geschichtliches und Legendäres zu einem unauflöslichen plastischen Ganzen verbinden. Hundertachtzig Jahre nach dem Bundesschwur von 1291 - der Gründung der Eidgenossenschaft - erstmals niedergeschrieben, erlangte dieser Mythos im 18. Jahrhundert europäische Bedeutung, und noch heute ist der Name Wilhelm Tell auf der ganzen Welt ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit.
Jean-François Bergier hatte sich auf die Suche nach den historischen Wurzeln dieser legendären Figur gemacht. Entdeckt hatte er dabei das kleine Volk unbeugsamer und fleißiger Bauern, das sich im 13. Jahrhundert durch die Eröffnung des Gotthardpasses Machtbestrebungen von außerhalb ausgesetzt sah, gegen die es sich erfolgreich auflehnte.
»Ist Wilhelm Tell vielleicht eine Art Sammelname?« fragt Bergier - ein Kollektivbegriff, der ein Volk bezeichnet, das seine Autonomie verteidigt, so daß die Biographie Tells zu der seines Volkes führen muß? Die Sicht auf Europa vom Ufer des Vierwaldstätter Sees aus, die Bergiers Buch uns vermittelt, bietet ein faszinierendes Bild der Umwälzungen in der Welt des ausgehenden Mittelalters.
Diese Neuausgabe des Buches erschien 2012 zu den Jubiläen 500 Jahren Tellspiele Altdorf und 100 Jahre Tellspiele Interlaken. Die deutsche Erstausgabe des Buches von 1990 war längere Zeit vergriffen.
Jean-François Bergier (1931–2009) gilt als einer der wichtigsten Schweizer Historiker. Er lehrte als Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der ETH in Zürich. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Bergier bekannt als Präsident der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (1997–2001) und durch den »Bergier‑Bericht« über die Beziehung der Schweiz zum nationalsozialistischen Deutschland.
Josef Winiger (*1943) ist mehrfach ausgezeichneter Übersetzer. Er überträgt Romane (u.a. von Georges Simenon) wie auch Geschichtsbücher ins Deutsche. Für die Neuauflage hat er seine Übersetzung aus dem Jahr 1990 neu überarbeitet.
Pressestimmen zur Erstausgabe
»Sein umfangreiches Buch, von Josef Winiger sachkundig übersetzt, ist keine simple Chronik zur Tell-Legende, sondern eine sozialgeschichtliche Topographie.« Süddeutsche Zeitung
»Jean-François Bergiers Wilhelm Tell begnügt sich nicht damit, Entstehungen, Entwicklungen und Auswirkungen des Tellmythos zu untersuchen, sondern stellt die berühmte Legende in ihren weitest möglichen Kontext. Dieses Buch ist ebensosehr eine Studie - und eine sehr gute obendrein - über die Ursprünge der Eidgenossenschaft und die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in der Schweiz des Mittelalters wie eine historische Biographie.« The Times Literary Supplement
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