In diesem Buch geht es um die Kunst des Singens, des Darstellens, des Gestaltens auf der Opernbühne und im Konzertsaal. In den hier ausgewählten 50 Arien aus Opern, Oratorien und Kantaten vom 17.–20. Jahrhundert sind Schlüsselmomente musikalischer Erfahrungen und Empfindungen dargestellt, Gefühle und Leidenschaften, wie sie die Musik unmittelbarer als jede andere Kunst bereithält. Als Sehnsucht und als Erfüllung, als sinnliche und als spirituelle Erfahrung, in ihren quälenden und selig machenden Erscheinungsformen. In diesen Arien taucht Liebe darum auch auf als Eifersucht, Hass und Rachsucht, vor allem aber als ein das Leben durchpulsendes Glück, als Traum, als Vision und als letztlich einzige sinngebende Zukunftserwartung. Liebe ist das Grundelement heldenhafter Aufopferung ebenso wie jenes tief empfundener Zuneigung, Liebe gibt es aus zukunftsorientierter Abenteuerlust wie aus entsagender Einsicht, kurzum: Liebe ist das wichtigste Beweismittel, dass das Dasein lebenswert ist.
Den Fokus dieser Auswahl bildet die Vielgestaltigkeit der Empfindungen und Gefühle, die äußerst unterschiedlichen Schattierungen von Leidenschaft, Charakter und Temperament, wie sie in den Stücken zur Ausformung kommen. Zorn und Wut kennen ebenso wenig nur eine Gefühlsstimmung wie Sehnsucht oder mutige Entschlossenheit. Das Geheimnis der Stimme liegt in den jeweiligen Konstellationen von Jubel und Leid, die die Protagonisten in ihren Figuren hörbar machen und zum Leuchten bringen. Das Wunder einer Offenbarung kann sich in jedem Opernhaus an jedem Abend, an dem sich der Vorhang öffnet, ereignen.
[Liste Arien siehe unten nach Video]
Liste der besprochenen Arien:
Agostino Steffani, »Sfere amiche«, Niobe, Regina di Tebe, 1688 | Marc-Antoine Charpentier, »Quel prix de mon amour«, Médée, 1693 | Georg Friedrich Händel, »Lascia ch’io pianga«, Rinaldo, 1711 | Georg Philipp Telemann, »Mich tröstet die Hoffnung«, Der geduldige Sokrates, 1721 | Georg Friedrich Händel, »Se pietà di me non senti«, Giulio Cesare in Egitto, 1724 | Johann Sebastian Bach, »Auch mit gedämpften schwachen Stimmen«, Advents-Kantate »Schwingt freudig euch empor«, BWV 36, 1731 | Jean-Philippe Rameau, »Fatal Amour«, Pygmalion, 1748 | Georg Friedrich Händel, »As with rosy steps«, Theodora, 1750 | Christoph Willibald Gluck, »Divinités du Styx«, Alceste, 1767 | Wolfgang Amadeus Mozart, »Voi avete un cor fedele«, KV 217, Konzertarie, 1775 | Joseph Haydn, »Se pietade avete, oh numi«, Armida, 1784 | Giovanni Paisiello, »Il mio ben, quando verrà?«, Nina o sia la pazza per amore, 1789 | Wolfgang Amadeus Mozart, »Parto«, La clemenza di Tito, 1791 | Ludwig van Beethoven, »Ah perfido«, Scena e aria, 1796 | Gioacchino Rossini, »Oggetto amabile«, Sigismondo, 1814 | Gioacchino Rossini, »Bel raggio lusinghier«, Semiramide, 1823 | Gaetano Donizetti, »Piangete voi?«, Anna Bolena, 1830 | Gioacchino Rossini, »Selva opaca«, Guglielmo Tell, 1831 | Vincenzo Bellini, »Ah non credea mirarti«, La Sonnambula, 1831 | Vincenzo Bellini, »Qui la voce sua soave«, I Puritani, 1835 | Giacomo Meyerbeer, »Ô beau pays«, Les Huguenots, 1836 | Richard Wagner, »Die Frist ist um«, Der Fliegende Holländer, 1843 | Felix Mendelssohn, »Es ist genug«, Elias, 1846 | Richard Wagner, »Lohengrins Abschied«, Lohengrin, 1850 | Giuseppe Verdi, »Mercè, dilette amiche«, I Vespri Siciliani, 1855 | Richard Wagner, »Die Wesendonck-Lieder«, 1857/58 | Giuseppe Verdi, »Eri tu«, Un ballo in maschera, 1859 | Hector Berlioz, »Je vais mourir«, Les Troyens, 1863 | Giuseppe Verdi, »O patria mia«, Aida, 1871 | Amilcare Ponchielli, »Suicidio!«, La Gioconda, 1876 | Camille Saint-Saëns, »Mon coeur s’ouvre à ta voix«, Samson et Dalila, 1877 | Modest Mussorgski, »Geheime Mächte«, Chowanschtschina, 1881 | Richard Wagner, »Nur eine Waffe taugt«, Parsifal, 1882 | Jules Massenet, »Adieu notre petite table«, Manon, 1884 | Peter Tschaikowsky, »Ja vas lyublyu«, Pique Dame, 1890 | Jules Massenet, »Pourquoi me réveilller«, Werther, 1892 | Alfredo Catalani, »Ebben? Ne andrò lontana«, La Wally, 1892 | Umberto Giordano, »Un di all’azzurro spazio«, Andrea Chénier, 1896 | Nikolai Rimski-Korsakow, »Der Traum der Marfa«, Die Zarenbraut, 1899 | Edward Elgar, »Softly and gently«, The Dream of Gerontius, 1900 | Antonin Dvořák, »Lied an den Mond«, Rusalka, 1901 | Maurice Ravel, »Asie«, Shéhérazade, 1903 | Richard Strauss, »Ich habe seinen Mund geküsst«, Salome, 1905 | Béla Bartók, »Sag mir, Blaubart …«, Herzog Blaubarts Burg, 1918 | Alban Berg, »Maries Wiegenlied«, Wozzeck, 1925 | Alban Berg, »Lied der Lulu«, Lulu, 1937 | Sergei Prokofjew, »Das Feld der Toten«, Alexander Newsky, 1939 | Benjamin Britten, Schlussszene Peter und Chor, Peter Grimes, 1945 | Francis Poulenc, »Kämpfen, jeder auf seine Art«, Dialogues des Carmelites, 1957 | György Ligeti, »Mysteries of the Macabre«, Le Grand Macabre, 1996
»Musikologisches und gattungsgeschichtliches Bescheidwissen fliesst da zwar zuverlässig ein, aber es ist bei ihm nie die Hauptsache. Worum es ihm wirklich geht, das ist die Berührung durch den Gesang. [...] Das Buch eignet sich auch wunderbar als Geschenk für Opernfans und solche, die es dank der Lektüre werden könnten.« Urs Meier, Journal 21 →zur vollständigen Rezension
»Bald schreibt Camartin eine spitzbübisch klingende Zusammenfassung einer ewig langen Wagner-Oper, bald einen munteren Exkurs über den Bühnenselbstmord. Jedes Kapitel ist so eloquent und feurig-sprudelnd geschrieben, dass es bald ›Bravo!‹ von den Rängen hallt.« Christian Berzins, in Die Weltwoche
»Auch jetzt zeigt sich, wie viel er von den Hintergründen jedes Werks versteht. Doch die wesentliche Qualität der Texte [...] liegt nicht nur in seinen Ausführungen zur Motiv- und Musikgeschichte. Denn berührt werden können wir von Gesang nur, wenn wir unser Herz öffnen.« Rolf App, Kulturtipp
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