Der Mensch und das Universum sind die zwei komplexesten Systeme, die wir kennen. Abweichungen von einer angenommenen Norm bezeichnen wir bei Lebewesen als Krankheit. Die Medizin ist die Wissenschaft, mit deren Hilfe diese Norm wieder hergestellt werden soll. Betrachten wir die Komplexität der daran beteiligten Faktoren, so erstaunt es nicht, dass auch nach rund viertausend Jahren Medizingeschichte, so alt sind die ältesten medizinischen Texte aus dem Orient, noch vieles unklar ist.
Die vor rund dreißig Jahren eingeführte Evidenzbasierte Medizin darf als letzter großer Versuch gelten, die verschiedensten klinischen Beobachtungen, vom Einzelfall bis zu den großen randomisierten Doppelblindstudien, in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Dabei wollte man das Patient:innenwohl ins Zentrum stellen und auch Therapien berücksichtigen, deren Wirkungsweise noch unbekannt sind. Denn auch heute gelten noch viele klinische Beobachtungen als großes Rätsel, denken wir nur an das ungelöste Leib-Seele-Problem bei der Psychosomatik.
In früheren Zeiten deutete man Krankheiten oft als Strafe der Götter; so hielt man auch im frühen Christentum eine Krankheit für eine Folge von begangenen Sünden oder Hexerei sowie als Besessenheit durch den Teufel. Die Therapien bestanden folgerichtig aus Gebet, Buße und Beistandsbitte an die Heiligen, wobei jede Heilung letztlich als Wunder gedeutet wurde.
Die technischen Fortschritte der letzten 500 Jahre ermöglichten es, den physischen Körper immer genauer zu verstehen und »zu reparieren«, was für viele als Beweis gilt, dass wir etwas wie berechenbare Fleischmaschinen seien. Diese können folglich durch Analyse der Einzelteile völlig verstanden werden. Die Vertreter dieses Transhumanismus glauben daher, dass dank dieser materialistischen Sichtweise und mit moderner Technik die Lebenserwartung durch geeignete Reparaturen, beispielsweise von Genen, massiv verlängert werden könne.
Auf der anderen Seite gibt es Wissenschaftler:innen, die das für problematisch und naiv halten. Sie kritisieren unter anderem, dass Bewusstsein als zentrales Element unserer Lebenserfahrung in diesem determinierten Maschinenmodell keinen Platz hat. Außerdem habe die Grundlagenforschung der letzten 120 Jahre mit der Quanten- und Chaostheorie gezeigt, dass die Natur sowohl im ganz Kleinen wie auch im Großen unberechenbar sei. Wenn man etwas analysiert, dann wird es bis auf die Stufe Atom zwar immer einfacher, Zusammenhänge zu verstehen. Wenn wir hingegen weiter in den subatomaren Bereich vorstoßen, wird es wieder viel komplexer. Dann zeigen sich seltsame Fernwirkungen, und Prozesse werden im Einzelfall unberechenbar, es gibt nur noch Wahrscheinlichkeiten. Man spricht vom Komplementaritätsprinzip und meint damit, dass die Welt nur mit sich ergänzenden Weltbildern beschrieben werden kann.
In diesem Konflikt befindet sich die heutige Medizin. Kurz nach dem Staatsexamen hat mir ein Physiker der Universität Zürich, der auch Medizinstudent:innen ausbildete, gesagt, dass wir aus seiner Sicht »komische« Wissenschaftler:innen seien. Wenn Mediziner:innen in einem Versuch Daten erhalten, die zur bisherigen Theorie passen, dann würden sie fast unkritisch übernommen. Falls das nicht der Fall sei, würden sie oft einfach ignoriert. Sie als Physiker:innen würden die Theorie überdenken und anpassen. Leider hatte er recht. Wir haben heute in der Medizin eine Situation, dass wir speziell bei gewissen chronischen Krankheiten nicht weiterkommen. Das bedeutet in der Praxis die Abgabe von symptomunterdrückenden Medikamenten mit ihren Nebenwirkungen anstelle einer ursachengerechten Therapie.
Erfolgreiche Therapiekonzepte zu diesem Thema, die größtenteils in Privatpraxen entwickelt wurden, werden bis heute von staatlichen Institutionen mit dem Hinweis ignoriert, dass sie nicht mit dem materialistischen Denkmodell von René Descartes aus dem 17. Jahrhundert und der Zellularpathologie von Rudolf Virchow aus dem 19. Jahrhundert vereinbar seien. Dazu schrieben Forscher wie der Physiker Thomas Görnitz, dass sich in vielen Bereichen der Medizin ein veralteter Materiebegriff erhalten habe, der dort einfach nicht hinterfragt wird. Daher werden diese neuen Therapien auch nicht gefördert, sondern oft als unwissenschaftlich abgelehnt. Als Folge nimmt die Zahl der Komplementärmediziner:innen dauernd ab.
Komplementäre Therapieansätze können vereinfacht als Schwingungstherapien bezeichnet werden. Ausgehend von der experimentell bewiesenen Tatsache, dass jede Materie sowohl einen Teilchen- wie auch einen Wellencharakter hat, gibt es verschiedenste Modelle, die auch jedem Gewebe, jedem Bakterium, jedem Virus, jedem Toxin etc. eine Eigenfrequenz zuordnen. Der Körper besteht bei so einer komplementären Betrachtung aus einem hochkomplizierten Netz von Schwingungen, die miteinander und mit Fremdstoffen in Resonanz treten und dabei die biochemischen Reaktionen beeinflussen. Wenn wir bedenken, wie viele Millionen chemische Verbindungen in den letzten Jahren entstanden sind, denen wir ausgesetzt sind, und wie viele elektromagnetische Felder uns täglich beeinflussen, ist es vorstellbar, dass deren mögliche Wechselwirkungen zu neuen individuellen Pathologien führen können.
Nach meinen Erfahrungen kommen wir in der Medizin nur weiter, wenn wir dieses Komplementaritätsprinzip der neuen Physik auch in der Medizin akzeptieren und objektiv schauen, bei welcher Krankheit wir mit welchem Aspekt der Natur weiterkommen. Dabei müssen wir uns von der jahrhundertealten Vorstellung verabschieden, alles mit der gleichen Formel lösen zu können. Wo ist der Transhumanismus mit technischen Prothesen sinnvoll und wo müssen wir die körpereigenen Schwingungssysteme wieder optimieren?
Leider wurden die staatlichen Regulierungsvorschriften in den letzten 20 Jahren einseitig in Richtung materialistische Medizin so verschärft, dass Privatpraktiker:innen kaum mehr eigene Ideen erforschen können. Der Psychologieprofessor Steven Pinker zitierte im Buch »Aufklärung Jetzt« Jonathan Moss von der University of Chicago mit den Worten, dass, wenn es früher schon Ethikkommissionen gegeben hätte, die Erforschung von Röntgenstrahlen, Herzkatheter und Vollnarkose nicht möglich gewesen wäre.
Und leider lernen wir zu wenig aus der Medizingeschichte. So schrieb der Arzt und Medizinhistoriker Erwin Ackerknecht 1997: »Jeder, der erkannt hat, wie die Wahrheit von heute der Irrtum von morgen wird, wird eine selbständigere und kritischere Haltung einnehmen und besser ausgerüstet sein, neue Wahrheiten anzunehmen. Dies ist von größter Bedeutung; denn viele Mitglieder der Ärzteschaft haben in allen Zeiten eine seltsame Mischung aus unvernünftigem Konservatismus und ebenso irrationaler Hingabe an die letzte Mode kultiviert.«
Bildlegende: Urs Weilenmann bestimmt mit einem Polarisationsfilter und dem kinesiologischen Muskeltest den energetischen Zustand der Patientin. © Beatrice Weilenmann; rechts: © Studio Veris, istockphoto.com
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