Für die Buchvernissage seiner Biografie ist Moritz de Hadeln am 21. Februar 2018 zurück an die Berlinale gekehrt. Eingeladen wurde de Hadeln von keinem Geringerem als seinem Direktor-Nachfolger Dieter Kosslick. Dieser tat es wohl nicht ganz ohne Hintergedanken. Er war in eine Situation geraten, die ihm aus der Zeit von Moritz de Hadeln (1980–2001) bekannt vorkam: Ende November 2017 forderten 80 deutsche Filmemacher eine Neuausrichtung des Festivals. Die Feuilletons verstärkten den Druck zusätzlich: 17 Jahre Leiter des Berliner Filmfestivals seien genug. Kosslick teilte daraufhin mit, er stehe nach Ende seines Vertrags 2019 nicht mehr zur Verfügung.
Auch Moritz de Hadeln war mehrere Male der harten Kritik der deutschen Filmemacher ausgesetzt, u.a. forderten sie mehr deutsche Filme am Festival. In einer Pressemitteilung von 1981 hieß es zudem: »Die Festivalleitung hat dem Berliner Filmfest kein neues Gesicht gegeben. Wir werden uns an diesem Festival in Zukunft nicht mehr beteiligen, wenn nicht entschieden dafür Sorge getragen wird, dass in Berlin ein repräsentatives Festival unter neuer Leitung stattfinden wird.« Mitunterzeichner war damals wie auch 2017 u.a. Regisseur Volker Schlöndorff (»Die Blechtrommel«). Dieser wechselte während Moritz de Hadelns Zeit mehrmals die Seite von Feind und Freund. Im April 2001 wurde de Hadeln ohne Vorwarnung entlassen. Schlöndorff schrieb zum Abschied im Buch Magnolien: »Als Festivalleiter hast du immer wieder deutsche Filme eingeladen, die etwas über Deutschland aussagen. Als Ausländer hattest du dafür einen geschärften Blick, und es hat dir auch nicht an Sprachkenntnis gefehlt, um die feinen Zwischentöne und das, was zwischen den Zeilen verschwiegen wurde, herauszuhören.«
Es brauchte einige Jahre Abstand, bis die Kritiker realisierten, wie visionär Moritz de Hadeln in Berlin gewesen war. Er machte nicht nur den russischen und den asiatischen Film im Westen populär, er führte auch die Gay-Teddys ein. Dieter Kosslick wies bei der Buchpräsentation an der Berlinale 2018 auf diese und weitere Erfolge hin – bestimmt auch in der Hoffnung, seine Berlinale-Zeit werde dereinst fairer beurteilt.
Im Juni 2018 wurde der neue Direktor bekannt. Carlo Chatrian wird vom Lago Maggiore an die Spree wechseln. Damit schließt sich ein weiterer Kreis: Moritz de Hadeln war ebenfalls zuvor Festivalleiter in Locarno.
Bildlegende: links: Der Autor Christian Jungen mit Regisseur Markus Imhoof. | rechts: Moritz de Hadeln, Dieter Kosslick, Beki Probst, Christian Jungen. © Saskia Nobir
rüffer & rub Sachbuchverlag GmbH | Alderstrasse 21 | CH-8008 Zürich | +41 (0)44 381 77 30 |