Um es gleich vorwegzunehmen: Der Anfang war kein Zuckerschlecken, die Gastronomie war und ist ein knallhartes Geschäft. Besonders für einen frischgebackenen Klimawissenschaftler, der frisch von der Uni das Catering-Unternehmen »Zum guten Heinrich« gründete und nun Klimaschutz über den Gaumen betreibt.
Für viele bedeutet Klimaschutz: Weniger fliegen, das GA im Portemonnaie bei sich tragen oder für eine Naturschutzorganisation spenden. Beim »alltäglichen Brot« ist es damit jedoch vorbei. Als meine beiden Mitgründer und ich vor gut vier Jahren an der ETH Zürich im Start-up-Seminar nach Ideen suchten, merkten wir: Die Klimawirksamkeit sowie der Ressourcenverbrauch unserer Nahrungsmitteln spielt für viele Menschen fast keine Rolle – auch wenn es eine Entscheidung ist, die wir mehrmals am Tag treffen. Unsere Mission: Wir wollten die Klimathematik sprichwörtlich auf den Tisch bringen und daraus ein Geschäftsmodell machen. Die Idee: Wir gründen ein spezielles Catering, denn wir kochen ausschließlich mit dem, was die Natur hergibt, und vor allem so, wie sie es hergibt. Mit unförmigem Gemüse.
Unser Gemüse kann aus rein ästhetischen Gründen im Detailhandel nicht verkauft werden, einfach deshalb, weil es den gängigen »Schönheitsidealen« oder Kalibrationsnormen nicht entspricht.
Um unsere Idee zum ersten Mal zu testen, gingen wir frühmorgens in Zürich auf den Gemüsemarkt auf dem Helvetiaplatz und fragten bei Bauern nach, ob wir bei ihnen zu große oder zu kleine Kartoffeln beziehen könnten. Darauf antworteten diese: »Ja, wie viele Tonnen wollt ihr denn?« Schnell wurde uns die Reichweite des Problems bewusst, und wir fingen an, unförmiges Gemüse in die Pfanne zu hauen und in feinschmeckende Cateringhäppchen zu verwandeln. So schafften wir es, aus vermeintlich »unbrauchbaren«, weil unverkäuflichen Lebensmitteln ein nachhaltiges Produkt zu kreieren.
Natürlich durfte die Nachhaltigkeit auch beim Transport nicht fehlen: So adaptierten wir das Konzept eines Food-Trucks auf ein dreirädriges Fahrrad, das Food-Bike. Als wir damit zufrieden waren, begannen wir, verschiedene Geschäftskunden in der Stadt Zürich mit unserem Food-Bike zu beliefern. Was schön aussah, stellte sich ziemlich schnell als unpraktisch heraus. Der optische Blickfang, das Food-Bike, war einfach viel zu schwer, und wir mussten mit einem Elektromotor Abhilfe schaffen. Mit unseren heutigen elektrischen Fahrradmodellen können wir locker ein Catering für 50 Personen inklusive Getränke transportieren. Dass wir zusätzlich noch wiederverwendbares Besteck und Geschirr einsetzen, ist für uns eine logische Konsequenz, denn so können wir unsere Zero-Waste-Philosophie ganzheitlich anbieten.
Als Klimawissenschaftler bin ich mir bewusst, dass der Einfluss meines Caterings auf die globale Klimaerwärmung verschwindend klein ist. Trotzdem, irgendwo anfangen muss man. Und essen muss man auch – wieso also nicht genau da beginnen? En Guete!
Mehr darüber im Buch »Food Saving«
Bildlegende: rechts: (v.l.n.r): Daniel Meier, Karin Vollenweider, Lukas Bühler und Lukas Alber. © Zum guten Heinrich / Lukas Alber
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