Rolf Lyssys autobiographischer Bericht »Swiss Paradise« war das erste Buch im rüffer&rub Sachbuchverlag. Was beschäftigt den Filmregisseur zwölf Jahre nach der Veröffentlichung des Buches, das seine tiefe Lebenskrise thematisiert?
Rolf Lyssys Zürcher Wohnung in einem Jugendstilhaus, nur einige hundert Meter vom Verlag am Römerhof entfernt, ist stilvoll eingerichtet. Im Flur begegnet man Fotos aus seinen Filmen, auf dem Wohnzimmertisch liegt Peter Rüedis Dürrenmatt-Biographie neben Gottfried Kellers »Romeo und Julia auf dem Dorfe«, im Hintergrund läuft leise Jazz. Dass der Regisseur des erfolgreichsten Schweizer Films, »Die Schweizermacher«, wöchentlich mindestens einmal ins Kino geht, erstaunt nicht. Doch auch ein Leben ohne Lesen wäre für ihn wie ein Leben ohne Musik: unerträglich.
Er sei ein Macher, und da er »nichts mehr beweisen muss, auch mir nicht«, könne er es lockerer nehmen als früher und wirklich nur das tun, was ihm Spaß mache. So lag es dem 77-Jährigen besonders am Herzen, den Dokfilm »Ursula – Leben im Anderswo« (2011) zu drehen. Dieser knüpft bei seinem Karrierebeginn als Kameramann und Cutter von Reni Mertens und Walter Martis Film »Ursula oder das unwerte Leben« (1966) an und erzählt die Geschichte der taubblinden Ursula und ihrer Pflegemutter weiter. Im Moment schreibt Lyssy zusammen mit dem Schriftsteller Dominik Bernet an einem Drehbuch zu einem Spielfilm. Es soll eine schwarze Komödie werden und von Rentnern handeln. Mehr will er noch nicht verraten, da im Zeitalter von Twitter und Blogs schnell die Ideen geklaut würden. Dass Rolf Lyssy wieder einen Spielfilm realisieren möchte, ist jedoch nicht ganz selbstverständlich. Viele Jahre hat er sich davor gehütet, seit ihn die geplante, aber schließlich abgebrochene Fortsetzung von »Die Schweizermacher« in eine existentielle Krise gestürzt hatte. Nach sechs Dokumentarfilmen will er es nun nochmals packen und er hofft auf den Drehbeginn im Frühjahr 2014.
»Eine Depression lasse ich nicht mehr zu«
Sein autobiographischer Bericht »Swiss Paradise« hatte 2001 für Gesprächsstoff gesorgt. Dass ein bekannter Filmregisseur aus dem »Auge des Taifuns einer Depression« erzählt, wie Lyssy es nennt, hat maßgeblich zur Enttabuisierung des Themas beigetragen. Er trat unter anderem in Alfred Bioleks »Boulevard Bio« auf und hat unzählige Lesungen gehalten. Auch zwölf Jahre nach der Publikation wird er noch von Veranstaltern eingeladen, und es erreichen ihn viele Leserbriefe.
Rolf Lyssy selbst ist inzwischen überzeugt, dass er nicht mehr in eine Depression fallen wird: »Und wenn ich jetzt sage, weil ich es nicht zulassen will, dann tönt das natürlich etwas überheblich, aber diese Erfahrung hat mir das Rüstzeug gegeben, um mit schwierigen und komplexen Themen besser umzugehen.« Man glaubt es sofort, wenn man ihm gegenübersitzt.
Mehr zum Buch »Swiss Paradise«
Mehr zum Buch »Die Schweizermacher – Und was die Schweiz ausmacht«
Bildnachweis: © Elia Lyssy
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