Das Buch »Das Öl, die Macht und Zeichen der Hoffnung« ist die Bestandsaufnahme eines Umweltskandals: Eine profitgierige Ölindustrie fördert in einem der ärmsten und korruptesten Länder der Welt Öl. Geld sparen lässt sich in der Logik des globalisierten Raubtierkapitalismus, dem Klaus Stieglitz im Südsudan quasi persönlich begegnet ist, indem man Ölabfälle im großen Stil einfach in die Umwelt kippt. Den Preis für den Umweltfrevel bezahlen 180 000 Menschen im Ölfeld Thar Jath und insgesamt 600 000 Menschen in allen Ölfeldern des Südsudans. Das Trinkwasser der Menschen in Thar Jath ist durch die Verschmutzung mit Schwermetallen und Salzen vergiftet. Haarproben belegen, dass die Menschen stark mit Blei aus der Ölförderung belastet sind. Ihr Land, das auch das Land ihrer Ahnen ist, ist zu einer Müllkippe westlichen Wohlstands geworden.
Dank jahrelanger Recherchen unserer Organisation Hoffnungszeichen | Sign of Hope e.V. konnten wir hydrogeologisch fundiert mit einer eigenen Studie belegen: Das Trinkwasser ist deshalb so schlecht, weil es durch die Ölabfälle vergiftet ist. Weil wir es gewagt hatten, den Menschen im Südsudan eine wissenschaftlich validierte kritische Sicht auf die Aktivitäten der Ölindustrie vorzustellen, hat uns die Regierung Südsudans mittels Drohungen aus dem Land geworfen.
Hier endet unser Buch, aber die Geschichte ging weiter und zwar in zwei Richtungen. Wir möchten im Südsudan ein Bewusstsein dafür schaffen, warum das Trinkwasser schlecht geworden ist. Und wir möchten die unbequeme und kritische Frage in unsere europäischen Gesellschaften hineintragen, was unsere kollektive Gier nach billigem Öl mit der Not der Menschen im Südsudan zu tun hat.
Von Beginn unserer Recherche im Ölfeld Thar Jath im Jahr 2007 an wollten wir den Menschen im Südsudan gut recherchierte und wasserdichte Argumente für eine kritische Beschäftigung mit der Ölindustrie liefern. Die Veröffentlichung einer englischsprachigen Ausgabe des Buches, das auch eine zusammenfassende Dokumentation unserer Hoffnungszeichen-Aktivitäten ist, war ein wichtiger Meilenstein in dieser Entwicklung. Seitdem wirken wir – von außen – in die südsudanesische Gesellschaft hinein, um auf den Umweltskandal aufmerksam zu machen. Wir unterstützen Organisationen der südsudanesischen Zivilgesellschaft, die die Verwüstung ihres Lebensraumes als große Ungerechtigkeit empfinden und dagegen mit friedlichen Mitteln vorgehen. Der Anteil der Menschen, die weder lesen noch schreiben können, beträgt mehr als 70 %. Wir haben deshalb eine Gruppe junger südsudanesischer Künstler unterstützt, die mit einem in ihrem Land viel beachteten Lied auf den Ölskandal aufmerksam machen und so ein Bewusstsein für den Wert einer intakten Natur in die breite Bevölkerung hineintragen. Wir geben Journalisten und Forschern eine Stimme, damit diese ihre Erkenntnisse über Umweltthemen ohne Zensur publizieren können.
Dem Münchner Soziologie-Professor Stephan Lessenich zufolge beruht der Reichtum unserer Gesellschaft auf der Armut des globalen Südens.1 Die Förderung von Öl im Südsudan ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt ist ein Beispiel für die Verantwortungslosigkeit unseres Wirtschaftens – im Ausland. Wir rauben Menschen auf der ganzen Welt die Lebensgrundlagen und wundern uns, wenn diese freundlich bei uns anklopfen. Wir sollten uns nicht wundern, dass diese Menschen an unsere Tür klopfen, sondern, dass sie das noch freundlich tun.
In Deutschland üben wir eine Wirtschaftsordnung, die als soziale Marktwirtschaft in einer Zeit erdacht worden ist, in der es den Begriff der Globalisierung noch lange nicht gab.2 Im Nachkriegsdeutschland kümmerten wir uns um die sozialen Belange der Menschen in unserem eigenen Wirtschaftsraum und waren seither erfolgreich darin zu vergessen, dass es anderswo auf der Welt Menschen gibt, die unter unserer Konsumwut und unserer Gier nach immer mehr und immer billigeren Produkten dramatisch zu leiden haben.3 Auch deshalb entsteht Migration.
Die Zuwanderungsdebatte in Deutschland beschäftigt sich mit den Fragen der Aufnahme und Eingliederung von Asylberechtigten, Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und Fachkräften.4 Die Menschen jedoch, die ihre Heimat verlassen, weil sie von unserer Lebens- und Wirtschaftsweise ausgebeutet werden, haben wir als Gesellschaften offenbar noch gar nicht auf dem Schirm. Aber sie kommen, und sie sind da. Und wir müssen uns die Frage stellen, mit welchem Recht wir eine Südsudanesin an unseren Grenzen abweisen, die zu uns flieht, weil ihr unser Durst nach Öl das Trinkwasser vergiftet und ihre Heimatregion unbewohnbar gemacht hat.
Für diese ausgebeuteten Menschen aus dem globalen Süden habe ich, haben wir als Gesellschaften des globalen Nordens eine Verantwortung. Wir dürfen sie nicht abweisen, wenn sie deshalb zu uns kommen, weil wir ihre Lebensgrundlagen zerstört haben. Wir müssen unseren Lebensraum und unseren Reichtum mit ihnen teilen. Dieses Teilen wird uns in unserer Bequemlichkeit empfindlich stören, aber es ist nötig, um eine möglicherweise gewaltvolle Einforderung an sich legitimer Rechte durch die von uns Ausgebeuteten abwenden zu können und um unserer »Verantwortung vor Gott und den Menschen« (Präambel des deutschen Grundgesetzes) gerecht zu werden. Auch darauf will Hoffnungszeichen | Sign of Hope auf Grundlage des von Anne Rüffer verlegten Buches aufmerksam machen.
1 Vgl. Lessenich, Stephan: Neben uns die Sintflut: Wie wir auf Kosten anderer leben, München 2018.
2 Das Wort »Globalisierung« stand im Jahr 2000 erstmals im Rechtschreib-Duden. www.duden.de/rechtschreibung/Globalisierung
3 Vgl. dazu Brand, Ulrich, Wissen, Markus: Imperiale Lebensweise: Zur Ausbeutung von Mensch und Natur in Zeiten des globalen Kapitalismus, München 2017.
4 Vgl. Bundesregierung will Flüchtlinge zu Fachkräften machen. In: Handelsblatt vom 20.11.2018.
Hoffnungszeichen | Sign of Hope e.V. ist eine überkonfessionelle Menschenrechts- und Hilfsorganisation. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die weltweite Hilfe für Bedrängte. Vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens als Wertebasis und Motivationsgrundlage lässt sich Hoffnungszeichen von den Idealen der Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und Solidarität leiten. Hoffnungszeichens Leitvers ist: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan! (Matthäus 25,40) Hoffnungszeichen ist seit 1997 Mitglied im »Deutschen Spendenrat« und engagiert sich im »Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.« (VENRO). Hoffnungszeichen ist Unterzeichner der Selbstverpflichtungserklärung der »Initiative Transparente Zivilgesellschaft« und hat den UNO-Beraterstatus inne. Hoffnungszeichen e. V. ist als gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken dienende Organisation anerkannt. Spenden sind somit steuerlich abzugsfähig.
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Bildlegende: links: Die voranschreitende Wüstenbildung treibt seminomadisch lebende Menschen in Nordkenia in die Migration: Klaus Stieglitz beim Gespräch mit Betroffenen. | rechts: Klaus Stieglitz nimmt Wasserproben. Die Analysen bestätigen, dass das Trinkwasser in Thar Jath vielerorts die Menschen krank macht.
Bildnachweis: © Hoffnungszeichen | Sign of Hope e.V.
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