Zwei Jahre dauerte es, bis das erste »giftfreie« T-Shirt aus Bio-Baumwolle, das dem industriellen Beschaffungsstandard von Greenpeace nach Detox-Kriterien entspricht, tatsächlich Realität wurde. »Dieses T-Shirt wurde aus unserer fair gehandelten bioRe® Bio-Baumwollfaser hergestellt. Die Baumwolle stammt aus einer verlässlichen Handelsbeziehung mit den produzierenden Bauern«, erläutert Marion Röttges [Abb. oben], Co-Ceo der Remei AG. Und: »Giftfreie Kleidungsstücke schützen die Träger, die Näherinnen und die Erde.«
Zusammen mit Greenpeace Media in Deutschland gelang es den Biobaumwoll-Produzenten der Remei AG aus dem luzernischen Rotkreuz, die Forderungen nach giftfreier Kleidung im industriellen Maßstab umzusetzen. Angefangen hatte diese Revolution in der Textilbranche 2011, als Greenpeace die Detox-Kampagne lancierte: Die Umweltorganisation machte darauf aufmerksam, dass die Textilbranche und der Einsatz der Chemie in den industriellen Prozessen eine immense Verschmutzung des Planeten verursacht. Im Klartext ging es um den Einsatz von Pestiziden beim Anbau von konventioneller Baumwolle sowie um die Inputstoffe für das Färben und das Bedrucken der Stoffe und zum Schluss die fehlende Abwasserklärung in den Billiglohn-Produktionsstätten. Ein globales Problem, wie Greenpeace verdeutlichte. Die NGO appellierte an Marken-Hersteller und Wiederverkäufer, die Textilien produzieren lassen, sich dafür einzusetzen, dass diese Stoffe – konkret wurden 11 verschiedene Chemikalien-Gruppen identifiziert – eliminiert werden. Die Forderung seitens der NGO: Die Prozesse müssen verbessert werden, es muss nach Alternativen in den Prozessen und in der Chemie gesucht werden und vor allem müssen die Handels- und Textilunternehmen dieses Problem anerkennen und Verantwortung übernehmen.
Nun liegt also der Beweis vor, dass es giftfrei geht. Wie gefährlich oder schädlich sind im Umkehrschluss normale T-Shirts? Marion Röttges: »Die Entstehung solcher konventionell hergestellten Kleidungsstücke schädigt die Menschen in der Lieferkette. Es beginnt mit dem Anbau der konventionellen Baumwolle. Die Bauern sind einem System ausgesetzt, in dem sie Pestizide, Dünger und genmanipulierten Samen einsetzen müssen. Diese Mittel schädigen den Boden, sie schädigen die Bauer, denn sie werden von Hand verteilt, sie schädigen die Familien, die auf diesem Land leben, und zuletzt schädigen sie unseren Planeten, weil alle Schadstoffe ungefiltert ins Grundwasser und ins Trinkwasser diffundieren. Mit unserer Bio-Baumwolle können wir dagegen angehen, denn sie wird ohne Pestizide, Kunstdünger oder Genmanipulation angebaut.«
Ein weiteres Problem stellen die textilen Herstellungsprozesse dar. Bei den konventionellen Prozessen findet ein massiver Chemieeinsatz statt, und in Billiglohnländern werden auch die Abwässer nicht geklärt. Mit anderen Worten: Was bei der Färbung der Stoffe eingesetzt wird, bleibt zum Teil im T-Shirt, geht aber mit dem Abwasser auch in die Bäche, Flüsse und Meere, die Ozeane und ins Trinkwasser. Und Röttges gibt zu bedenken: »In einem Produktionsland wie Bangladesch, wo viele Handelsunternehmen ihre Kollektionen nähen lassen, kommt dieses vergiftete Wasser leider auch zweimal pro Jahr mit den Überschwemmungen zurück.«
Es gibt jedoch auch Grund zur Hoffnung, denn: »Die Detox-Kampagne hat ein Umdenken in der Industrie in Gang gesetzt, das kann man durchaus festhalten. Es haben einige gute Entwicklungen stattgefunden, indem zum Beispiel bessere Hilfs- und Färbestoffe entwickelt wurden, die wir einsetzen können. Die Konsequenz, mit der das in der Branche betrieben wird, lässt aber sicher noch viel Potenzial übrig.«
Bleibt die Frage, um wie viel tiefer die Konsumenten in die Tasche greifen müssen oder wie viel es ihnen wert ist, giftfreie Kleidungsstücke auf ihrer Haut zu tragen. Marion Röttges: »Was kaum jemand weiß: Der Preis eines T-Shirts wird nicht in der Produktion bestimmt, sondern durch die Marketing- und Werbekosten des Brands. Am Anfang ist der Preis nur geringfügig unterschiedlich, erst wenn die Kosten wie die Markenwerbung hinzukommen, wird es für die Konsumenten teuer.«
Zwei ihr wichtige Punkte erwähnt Marion Röttges zum Schluss: »Unsere giftfreie Produktion schützt alle – die Bauern, die Näherinnen, die Konsumenten und unseren Planten. Und unser T-Shirt zeigt, dass verlässliche Beziehungen und ein Miteinander in der textilen Lieferkette vieles möglich machen.«
Bildlegende: links: © Remei AG, rechts: © Laila Defelice
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