Im Herbst 2015 eröffnete die Hamasil-Stiftung in Zürich West den »Kulturpark«. Auf rund 15 000 m2 wird in öffentlichen Diskussionen Fragen nachgegangen, wie wir unsere Zukunft nachhaltig gestalten können. Thomas Seiz, Geschäftsleiter des Kulturparks und Stiftungsrat der Hamasil-Stiftung, erläutert, warum der Kulturpark eine wichtige Drehscheibe für zukünftige Lebens- und Wirtschaftsmodelle ist.
Anne Rüffer: Welche Ziele verfolgen Sie?
Thomas Seiz: Der Kulturpark ist ein Projekt der Hamasil-Stiftung, deren Zweck die Unterstützung des Paradigmenwechsels in vier Bereichen ist: interkultureller, interreligiöser Dialog, Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, alternative Wirtschaftsmodelle und Umwelt.
Der Kulturpark ist eine interdisziplinäre Plattform für Tagungen und Veranstaltungen von Firmen und Organisationen mit Kompetenzen in Nachhaltigkeit und Paradigmenwechsel. Im Weiteren bietet er Büroräume und ein Firmennetzwerk in den vier Kompetenzbereichen der Stiftung. Zudem vermietet er 54 Wohnungen für 130 engagierte Bewohner/innen.
AR: Nach welchen Kriterien suchen Sie die Akteure aus?
TS: Einerseits streben wir eine gute Auslastung unserer Infrastruktur und der Sitzungszimmer an, andererseits wollen wir unseren Zielen auch treu bleiben. Den Saal vermieten wir daher ausschließlich an Non-Profit-Organisationen.
Die Geschäftsziele der Firmen müssen im Einklang mit den Zielen der Stiftung sein. Wir erwarten zudem ein aktives Mitwirken im Unternehmensnetzwerk. Die Bewohner werden so ausgewählt, dass eine aktive und engagierte Nachbarschaft gelebt wird.
Es gibt eine ganze Reihe Erfolgserlebnisse: Acht Bewohnergruppen sind für ein attraktives Programm über das Jahr tätig, pro Haus haben wir eine Person, die Neuzuzüger in den Kulturpark einführt. Eine eigene Velowerkstatt und ein Repair-Keller wurden aufgebaut, und die Feuerfestspiele im Innenhof sind ein fester Programmpunkt.
AR: Wie wichtig ist für Sie »Nachhaltigkeit« und wie drückt sie sich aus?
TS: Nachhaltigkeit per se bedeutet ja, dass eine Tätigkeit unbegrenzt ohne Schaden für die Nachwelt ausgeführt werden kann. Der Kulturpark hat baulich viele Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Helle Fassaden und Bodenbeläge vermeiden eine Aufheizung im Sommer, Treppenhauslüftung während der Nacht, Verwendung des Grundwassers für die Kühlung, Regenwassertanks sowie versickerungsfähige Böden rund um die Gebäude.
Der größte Effekt wird aber erzielt, indem das eigene Verhalten verbessert wird und bewusster mit Ressourcen umgegangen wird. Gerade in der Schweiz haben wir ideale Voraussetzungen dafür, das eigene Verhalten kritisch zu hinterfragen und Alternativen zu leben.
AR: Sie wollen im Kulturpark neue Wirtschaftsmodelle präsentieren. Was bedeutet das konkret?
TS: Das heutige Wirtschaftsverständnis basiert auf einem selbstverständlichen Wachstum, ohne dass die Konsequenzen betrachtet werden. Wachstum kann oft nur noch erreicht werden, indem wir unsere endlichen Ressourcen weit über der natürlichen Erholungskapazität nutzen. Hier ist der Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Nachhaltigkeit sehr deutlich spürbar. Es nicht so, dass Größe zwangsläufig mit Qualität gekoppelt ist, und trotzdem streben wir instinktiv danach.
Alternative Wirtschaftsmodelle versuchen, dies zu durchbrechen, und zeigen andere Wege: Tauschhandel, Nullwachstum oder Zeitmodelle sind Ansätze in der richtigen Richtung.
AR: Welche Haltung und Werte vertreten die Besucher des Kulturparks?
TS: Willkommen ist jede und jeder, der erkennt, dass der Weg, den wir seit den letzten Jahrzehnten eingeschlagen haben, nicht unverändert weitergeführt werden kann. Wir bemühen uns, auch Themen aufzunehmen, die für Menschen ohne große Identifikation mit Nachhaltigkeit und Bewusstseinswandel interessant sind. Filme sind ein gutes Beispiel dafür. Wir arbeiten mit »Filme für die Erde« zusammen und zeigen jeden Monat einen spannenden Film.
Mit den Organisationen, die mit uns zusammenarbeiten und die wir teilweise auch unterstützen, stellen wir ein vielseitiges öffentliches Programm zusammen. Wie zu erwarten ist, sind dies vor allem Veranstaltungen, die mit unseren Zielen einen engen Zusammenhang haben. Unsere Besucher erhalten wertvolle Denkanstöße und die Motivation, selber aktiv zu werden und weitere Menschen mitzunehmen.
AR: Drei zukunftsweisende Themen, zu denen der Kulturpark Stellung beziehen wird?
TS: Mit einem Crash-Kurs »Nachhaltigkeit für Unternehmer« bieten wir mit dem »Forum für Verantwortung« aus Saarbrücken einen dreitägigen Kurs an.
Die Klimaziele, die die Politik vereinbart hat, werden nicht erreicht werden. Mit Aktionen will der Kulturpark dies bewusster machen.
Das Sustainable Development Solutions Network (SDSN) setzt sich für die Umsetzung der von der UN beschlossenen 17 Ziele der Nachhaltigkeit ein. Der Kulturpark ist aktives Mitglied des SDSN.
Bildnachweis: © Reto Kuhn
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